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Verfasst von Stefan Atz
15. Juni 2022 – Lesezeit: 4 Minuten
Inhaltsverzeichnis
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Mit 1. Jänner 2022 ist die Beihilfe zum Suizid laut Urteil des VfGH in Österreich nicht mehr strafbar . Am 23. Oktober 2021 wurde nun der genaue Entwurf der Gesetzesnovelle veröffentlicht. Laut dieser soll die Beihilfe zum Suizid mittels Sterbeverfügung geregelt werden. Aber was versteht man eigentlich unter Beihilfe zum Suizid und was im Vergleich dazu unter indirekter, passiver und aktiver Sterbehilfe?
Sterbehilfe ist seit langer Zeit ein viel diskutiertes Thema. Der Begriff Sterbehilfe umfasst sämtliche Handlungen, die von der Hilfe und Unterstützung im Sterben, bis hin zur aktiven Tötung sterbender oder schwerstkranker Menschen reichen.
Es gibt eine Vielzahl an Befürwortern, aber auch an entschiedenen Gegnern, allen voran die katholische Kirche. Generell unterscheidet man zwischen aktiver, indirekter und passiver Sterbehilfe, sowie der Beihilfe zum Suizid.
Ist Sterbehilfe in Österreich erlaubt?
Die gesetzliche Lage ist von Land zu Land unterschiedlich. In Deutschland und Österreich ähnelt sich das Recht bei der Sterbehilfe stark. Zunächst gibt es Unterschiede je nach Art der geleisteten Sterbehilfe:
Unter aktiver Sterbehilfe versteht man das Beenden des Lebens eines anderen Menschen, etwa durch eine Überdosis Medikamente. Das Abschalten einer lebenserhaltenden Maschine fällt allerdings nicht unter die aktive Sterbehilfe, da eine Versorgungsmaßnahme nur unterlassen wird.
Die aktive Sterbehilfe ist in Österreich in jeglicher Form verboten, selbst wenn eine Willenserklärung der betreffenden Person vorliegt. Sie kann mit einer Haftstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren belegt werden.
Bei der indirekten Sterbehilfe wird die Beschleunigung des Todeseintritts als Nebenwirkung durch die Verabreichung schmerzlindernder Medikamente in Kauf genommen:
Dies ist beispielsweise in Krankenhäusern der Fall, wenn einer Krebskranken/einem Krebskranken Morphium zur Schmerzlinderung verabreicht wird. Man spricht im medizinischen Bereich auch von einer palliativen Behandlung:
Die indirekte Sterbehilfe ist in Österreich erlaubt.
Unter passiver Sterbehilfe versteht man das Unterlassen von lebensverlängernden Maßnahmen: Darunter fällt unter anderem das Abschalten eines Beatmungsgeräts. Die passive Sterbehilfe ist komplett legal und kann bereits in Ihrer Patientenverfügung festgehalten werden.
Sollte keine Patientenverfügung vorhanden sein, so obliegt es den Angehörigen oder etwaigen anderen befugten Personen, über die lebenserhaltenden Maßnahmen zu entscheiden.
Unter Beihilfe zum Suizid versteht man die Selbsttötung mit Hilfe einer Person, die ein Mittel dazu bereitstellt. Das Mittel muss aber von der erkrankten Person selbst eingenommen werden, da ansonsten eine aktive Sterbehilfe vorliegt.
Noch ist die Beihilfe zum Suizid hierzulande verboten und kann mit einer Haftstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren belegt werden. Am 11. Dezember 2020 gab der Verfassungsgerichtshof allerdings bekannt, dass diese Strafbarkeit mit dem 1. Jänner 2022 gekippt werde.
Laut dem Urteil des VfGH verstoße die derzeitige gesetzliche Lage gegen das Recht auf Selbstbestimmung. Weiters sei es verfassungswidrig jede Art der Hilfe zur Selbsttötung ausnahmslos zu verbieten.
Am 23. Oktober 2021 einigte sich die Österreichische Regierung auf eine gesetzliche Neuregelung der Sterbehilfe: Ab 2022 kann dazu eine sogenannte Sterbeverfügung, ähnlich der Patientenverfügung eingerichtet werden. Diese beschränkt sich auf dauerhaft schwerkranke sowie unheilbar kranke Menschen, Minderjährige sind von der Regelung ausgenommen. Die Hospiz- und Palliativversorgung soll ausgebaut werden und in Apotheken soll dann ein eigenes letales Präparat erhältlich sein.
In anderen europäischen Ländern wie Belgien, den Niederlanden und Luxemburg ist selbst die aktive Sterbehilfe erlaubt. In der Schweiz ist die aktive Sterbehilfe zwar verboten, allerdings gibt es zwei Vereine, die in der Freitodbegleitung aktiv sind.
In der herrschenden Debatte um die aktive Sterbehilfe geht es darum, ob es Personen, die aufgrund eines unerträglichen und unheilbaren Leidens über ihren eigenen Tod bestimmen wollen und dabei auf Hilfe angewiesen sind, ermöglicht wird, sich mit fremder Hilfe das Leben zu nehmen.
Für eine aktive Sterbehilfe wie in Belgien, Holland und Luxemburg gibt es allerdings noch massive Vorbehalte, da:
Sterbehilfe unter anderem auch eine Zumutung für die die Helfer/innen ist, da die Sterbewilligen oft im engeren Familienkreis darum bitten, was die Betroffene/den Betroffenen vor eine schwierige und belastende Entscheidung stellt.
Es möglich ist, dass die Angehörigen eine schwerkranke Person als Belastung empfinden, entweder durch die belastende Pflege, oder auch in finanzieller Hinsicht und aus diesem Grund eine Sterbehilfe befürworten.
Es chronisch depressiven Personen somit ermöglicht wird, einen möglichen Suizidwunsch sehr einfach durchzuführen.
Durch die Möglichkeit einer aktiven Sterbehilfe durchaus ein unmoralisches Geschäftsfeld entsteht. Da viele Menschen auf die aktive Sterbehilfe angewiesen sein werden, ist es ebenso möglich, dass moralisch bedenkliche Geschäfte entstehen.
Auf der anderen Seite führen die Befürworter der aktiven Sterbehilfe ebenso eine Vielzahl an Argumenten ins Feld:
Es ist in einigen Fällen nicht möglich, trotz moderner medizinischer Behandlungen, dass die unerträglichen Schmerzen einer Patientin/eines Patienten bis zum Todeseintritt gelindert werden können und das Sterben somit zur Qual wird.
Viele Menschen empfinden oftmals eine große Scham, wenn sie ihre intimsten Bedürfnisse nicht mehr im Griff haben und auf die Hilfe anderer angewiesen sind. Oft wollen sie ihren Angehörigen auch einfach diese Bürde ersparen. Viele verlieren durch die Peinlichkeit auch ein Stück ihrer Selbstachtung und entschließen sich somit lieber für eine aktive Sterbehilfe.
Auch bei der Krankhaftigkeit von Suizidentschlüssen sehen die Befürworter kein Problem, solange sie die Option zu sterben einem Weiterleben vorziehen. So ist dieser Wunsch genauso zu respektieren, wie das Recht auf Verweigerung von ärztlichen oder psychologischen Behandlungen, selbst wenn sie Aussicht auf Erfolg hätten.
Auch die Zumutung für die Helfer erachten die Befürworter als geringer, da niemand gezwungen wird, aktive Sterbehilfe zu leisten. Es wird immer eine freie Entscheidung bleiben.
Um persönliche Interessen der Angehörigen auszuschließen, ist es außerdem wichtig, dass die Sterbehilfe nur von anerkannten Institutionen durchgeführt wird. Dies würde auch vorbeugen, dass durch die Sterbehilfe ein unmoralisches Geschäftsfeld entstehe.
Diese Debatte, mit all ihren Pro- und Contra-Argumenten, wird derzeit lebhaft geführt. Dies spiegelt sich auch in der Gründung des Vereins "Letzte Hilfe" wider, der Anfang 2014 in Österreich ins Leben gerufen wurde, aber sogleich behördlich untersagt wurde, wogegen wiederum gerichtlich Einspruch gelegt wurde. Der Verein setzt sich für ein selbstbestimmtes Leben und für ein selbstbestimmtes Sterben in Würde ein.
Inzwischen gibt es in Österreich auch eine 2015 initiierte Sterbehilfekommission, die einen Ausbau der Hospiz- und Palliativeinrichtungen vorantreiben soll. Im Gespräch sind jährliche Investitionen von 18 Millionen Euro. 2020 sollen diese Ausgaben sogar noch weiter erhöht werden.
2015 wurde beispielsweise eine Studie durchgeführt, in der sich 62% der Befragten dafür ausgesprochen haben, dass ein Mensch, der ein Pflegefall ist und nicht mehr leben möchte, selbst über den Zeitpunkt ihres/seines Todes entscheiden dürfe.
Die Diskussion wird voraussichtlich nicht abebben. Wir bemühen uns die laufende Entwicklung bis 2022 und darüber hinaus hier festzuhalten.
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Quellen
Wikipedia - Sterbehilfe
letztehilfe.at - Verein für selbstbestimmtes Leben
Wiener Zeitung - Ausbau Hospiz- und Palliativversorgung
Profil - Studie zur Sterbehilfe
Telefonseelsorge - Hier hört ein Mensch
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